Naturhözler schützen das Herz

Der gesunde Duft von Bäumen

Ein Waldspaziergang tut nicht nur der Psyche gut, ­sondern auch dem Körper. Das zeigen neue ­Studien. Gesund sind vor allem Arvenbäume und -hölzer.

 

Kein Lärm von Strassen oder Baustellen, nur Bäume und das Gezwitscher der Vögel – ein Waldspaziergang tut gut! Doch das ist nicht alles: Bäume geben Substanzen an die Luft ab, die wie Medikamente wirken. Das zeigen neue Studien. Amerikanische Forscher fanden in der Luft von kalifornischen Nadelholzwäldern 120 verschiedene Stoffe, die dem menschlichen Körper guttun können. Im Fokus haben die Forscher die Terpene – Bestandteile der äthe­rischen Öle. Nadelhölzer, aber auch Buchen und Eichen produzieren sie als Schutz vor Insekten und geben sie über Blätter und Nadeln in ­grossen Mengen an die Luft ab – bis zu 4 Tonnen pro Quadratkilometer Wald und Jahr. Nicht nur lebende Bäume, auch das zersägte Holz gibt diese Verbindungen ab.


Holzöle sind gut fürs Immunsystem

Versuche zeigen, dass Terpen die Gesundheit des Menschen fördern. So stimulierten Pflanzenöle mit Terpenen in Laborversuchen das Wachstum von Knochenzellen. Eine US-Studie kommt zum Schluss, dass Holzöle mit Terpenen das Immunsystem stärken.

Die Forscher setzten Versuchspersonen in geschlossenen Räumen solchen Ölen aus. Während 48 Stunden ­atmeten sie die Dämpfe ein. Das Resultat: Sie hatten nachher viel mehr Abwehrzellen im Blut als die Vergleichsgruppe. Der Effekt hielt fast sieben Tage an.

Experimente des Physiologen Maximilian Moser von der medizi­nischen Universität Graz (A) zeigen, dass solche Holzverbindungen auch dem Herz guttun. Moser liess 31 Versuchspersonen über mehrere Wochen in Räumen aus Arvenholz Büroarbeiten verrichten.

Vor- oder nachher arbeiteten sie in einem Zimmer aus Holzimitaten. Das ­Resultat: Die Versuchsper­sonen arbeiteten in den Naturholzräumen messbar ruhiger und konzentrierter. Bereits nach 5 Minuten schlug ihr Herz ruhiger und weniger schnell.

Moser machte ähnliche Expe­rimente mit 52 Schülern. Die Hälfte von ihnen liess er ein Jahr lang in Zimmern unterrichten, die mit Arvenholz ausgekleidet waren. Diese Schülergruppe war ebenfalls ruhiger und konzentrierter, als diejenige, die in Räumen aus Holzimitaten lernte.

Auch die Herzen der ersten Gruppe mussten weniger Arbeit verrichten: 8600 Herzschläge weniger pro Tag. So oft schlägt das Herz in etwa zwei Stunden. In einer weiteren Studie von ­Moser schliefen Versuchspersonen in Arven- oder Holzimitatbetten.

Die Schläfer im Arvenbett hatten 3600 Herzschläge weniger pro Tag, fühlten sich ausgeruhter und deshalb auch weniger gestresst. Das waren allerdings nur Pilotversuche, die bedingt aussagekräftig sind. Dessen ist sich auch Maximilian Moser bewusst.

Dennoch sagt er: «All meine bisherigen Studienresultate stimmen überein: Arbeits­räume aus Arve, Fichte und Tanne haben günstige Eigenschaften fürs Herz.»


Holz in Wohnräumen nicht lackieren

Professor Ernst Zürcher von der Berner Fachhochschule für Architektur, Holz und Bau bestätigt den gesundheitlichen Nutzen von Holz. Für ihn ist aber noch nicht klar, ob es die Terpene allein sind, die so ­gesund sind, oder ob weitere Stoffe oder ­Effekte im Spiel sind.

So wirke Holz wie ein elektrischer Isolator und lade die Raumluft weniger auf. Beide Experten, Moser wie Zürcher, empfehlen, mit möglichst viel Holz zu wohnen. Das Holz von Innenwänden sollte gar nicht oder nur mit Wachs oder Öl behandelt sein.

Lack verschliesst die Poren, die gesunden Stoffe können nicht mehr austreten. Es muss aber nicht gleich eine Bündner Arvenstube sein. Ernst Zürcher sagt: «Man kann an den Wänden verschiedene Holzarten einsetzen oder eine Wand als Mauerwerk stehen lassen.»

Unbehandelte Möbel haben einen ähnlich positiven gesundheitlichen Effekt. Für Moser ist Arve aber das wirksamste Holz: «Das haben Messungen klar gezeigt.» Wer zu Hause kein Holz will, kann sich den gesundheitlichen Nutzen bei einem Waldspaziergang holen.

Beide Experten empfehlen: Bei gefällten Bäumen anhalten und tief ein- und aus­atmen. Denn dort hat es besonders viele gesunde Substanzen in der Luft, vor allem wenn es Nadelhölzer sind. Moser: «Die Duftöle wirken im Nadelwald ­besonders gut.»


Tipps: Bei gefällten Bäumen sollten Sie tief durchatmen

  • Gehen Sie möglichst jeden Tag im Wald spazieren.
  • Joggen im Wald ist gesünder als auf dem freien Feld.
  • Machen Sie immer eine Pause bei gefällten Bäumen, atmen Sie dort tief durch.
  • Der Wald gibt nicht nur gesunde Stoffe ab, sondern reinigt die Luft unter anderem von Schwebstoffen. Allerdings: Der Wald kann Ozon nicht vernichten.
  • Kaufen Sie vermehrt Möbel aus offenporigem Holz: Es ist ­entweder roh oder dann nur mit Wachs oder Öl behandelt.

 

GESUNDHEITSTIPP | Mai 2011 | Tobias Frey

 

Alle fühlen sich wohl im Wald!

Eine neue Umfrage des Bundes zeigt: Die Menschen gehen häufig in den Wald und sind mit diesen Aufenthalten zufrieden. Sie schätzen die vielfältigen Leistungen des Waldes für die Gesellschaft. Der Schutz des Waldes und das Rodungsverbot sind ausserordentlich gut verankert. Dies sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung der Schweizer Bevölkerung zu ihren Ansprüchen an den Wald, welche die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL im Auftrag des Bundesamts für Umwelt durchgeführt hat.

 

Die repräsentative Bevölkerungsumfrage untersucht die Einstellung der Bevölkerung, ihr Verhalten und ihr Wissen bezüglich waldspezifischer Themen. Sie wurde erstmals 1997 durchgeführt und 2010 wiederholt. Erste Grundlagen hatte 1978 eine Befragung geliefert. Die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL wertete die im Herbst 2010 vom Forschungsinstitut gfs-Zürich bei gut 3000 Personen in der ganzen Schweiz erhobenen Daten aus. Den Auftrag dazu hatte das Bundesamt für Umwelt BAFU erteilt. Gleichzeitig hatte der Kanton Aargau die WSL beauftragt, die Einstellung der Aargauer Bevölkerung zum Wald vertieft zu untersuchen.


Waldbesuche entspannen

95 Prozent der Befragten erleben ihre häufigen Waldbesuche als entspannend. Und der Mehrheit gefällt der Wald, den sie jeweils besuchen. Generell gefallen den Menschen aus Laub- und Nadelbaumarten gemischte Wälder mit Lichtungen besser als dunkle mit dichtem Bestand. Sehr beliebt sind Waldgebiete mit Bächen oder 2 bis 4Teichen.Für ihre Freizeitaktivitäten im Wald sind Erholungssuchende oft auf eine gewisse Infrastruktur im Wald angewiesen. Die neue Umfrage zeigt, dass Naturlehrpfade, Feuerstellen, Waldhütten und Unterstände, Bänke und Spielplätze besonders beliebt sind. Im Vergleich zur Umfrage 1997 führen die unterschiedlichen Freizeitnutzungen häufiger zu Konflikten. Ein Indiz dafür ist, dass mehr Befragte sich gestört fühlten.


Bevölkerung schätzt vielfältige Waldleistungen

Gemäss der Umfrage hat die Bevölkerung der Schweiz ein breites Verständnis der vielfältigen Waldleistungen und weiss diese zu schätzen. Wald sorgt für saubere Luft, produziert Holz, ist Lebensraum für Tiere und Pflanzen, schützt vor Naturgefahren und ermöglicht den Menschen, sich in einem naturnahen Umfeld zu bewegen und zu erholen. Diese Funktionen nannten die Befragten am häufigsten in dieser Reihenfolge auf die Frage, wozu unser Wald nützlich und notwendig sei. Die Mehrheit der Interviewten ist zudem der Meinung, dass diese Leistungen zugunsten der Allgemeinheit etwas kosten dürfen. Beispielsweise sind ihnen die durch Subventionen mitfinanzierte Pflege von Schutzwäldern und der Naturschutz im Wald wichtig. Diese Einschätzung deckt sich mit der Waldpolitik des Bundes.


Produktionsfunktion ist wichtiger geworden

Die Holzproduktion ist heute bei der Bevölkerung stärker im Bewusstsein als bei der Umfrage 1997. 83 Prozent der Befragten finden die Holznutzung wichtig für die hiesige Wirtschaft, und nur jeder Zehnte ist der Meinung, im Schweizer Wald würden zu viele Bäume geschlagen. Nur 22 Prozent unterstützen eine intensivere Nutzung; 1997 waren noch 45 Prozent für eine stärkere Nutzung gewesen. Die Waldpolitik 2020 des Bundesrates plädiert dafür, das nachhaltig nutzbare Holznutzungspotenzial auszuschöpfen.


Gibt es genügend Wald?

Gemäss des Schweizerischen Landesforstinventars von 2006 sind in der Schweiz rund 12 800 Quadratkilometer oder 31 Prozent der Landesfläche bewaldet. Die Mehrheit der Befragten findet, die bestehende Waldfläche sei entweder gerade richtig oder es gebe eher zuwenig Wald. Die gesetzlich verankerte Pflicht zur Erhaltung des Waldes in seiner Fläche und räumlichen Verteilung stösst in der Bevölkerung auf breite Akzeptanz: 85 Prozent der Befragten stimmen dem Rodungsverbot zu. Allerdings wissen 70 Prozent der Leute nicht, dass die Waldfläche in der Schweiz insgesamt seit Jahrzehnten zunimmt. Die früher vorherrschende Angst, der Wald könnte bald grossflächig absterben, ist mittlerweile einer eher optimistischen Einschätzung gewichen: Den Zustand des Waldes beurteilten 77 Prozent der Bevölkerung als eher gut. Bei der ersten Umfrage, 1997, waren noch rund 65 Prozent der Ansicht, der Zustand des Waldes habe sich in den vorangegangenen 20 Jahren verschlechtert.

 

(Jagd&Natur, 22. März 2012)