Weidmannssprache

Die Sprache der Jäger hat eine lange Tradition und gilt als die älteste und umfangreichste Fachsprache. Sie ist bezeichnend und poesievoll zugleich. Sie lebt und ist lebendig, wenn sie gepflegt und gesprochen wird. Viele umgangssprachliche Begriffe sind ersetzt durch dem kundigen Jäger bekannte Begriffe. Sie beschreiben eine Erscheinung oder ein Handeln oftmals viel besser als es die Umgangssprache kann. Nur derjenige, welcher der Jägersprache mächtig ist, versteht, wovon die Rede ist. Damit ist die Jägersprache ein wesentliches Element für das Zusammengehörigkeitsgefühl der Jäger. Wer so spricht, gehört dazu und kennt sich aus.

Die Weidmannssprache ist die umfangreichste deutsche Fachsprache mit heute über 3000 gebräuchlichen Wörtern. Die Sprache dient nicht, wie so mancher vermuten mag, zur Abgrenzung der Jäger vom Rest der Welt oder gar als Hilfsmittel zur Verbreitung des Jägerlateins, sondern stellt ein sehr effizientes Mittel zur Beschreibung der Umwelt eines Jägers dar. Mit der Weidmannsspra­che pflegt der Jäger das Brauchtum und bezeichnet damit jagd- und wildbezo­gene Gegenstände und Vorgänge sowie die Lebenszeichen, Körperteile und Aufenthaltsorte des Wildes und der Jagdhunde.

Die Weidmannssprache besteht einerseits aus Wörtern der normalen Umgangs­sprache, die eine andere Bedeutung erhielten (z.B. Lichter = Augen, Schweiss = Blut, Lauf = Bein), ferner aus in der Umgangssprache nicht vorkommenden Wörtern (z.B. Äser) sowie aus einigen eingedeutschten oder unverändert über­nommenen französischen und niederländischen Fremdwörtern.

Für manch einen Jungjäger oder jemand, der sich zum ersten mal damit beschäf­tigt, dürften verschiedene Ausdrücke sehr verwirrend sein, zumal sich für ein und dasselbe mehrere verschiedene Begriffe etabliert haben, z.B. das Fell des Rehs nennt sich Decke, während das Fell des Wildschweins sich Schwarte nennt. Nun darf man, wie bei jeder Sprache, nicht für alle Dinge eine logische Erklärung suchen, man wird sie nur schwerlich finden.

Die Weidmannssprache entwickelte sich im wesentlichen ab dem 12. Jahrhun­dert und erlebte im 17. und 18. Jahrhundert ihre Blütezeit. Die 1848er Revoluti­on und deren Folgen bedrohten den Fortbestand der Weidmannssprache. Doch der Adel mit seinen weiten Eigenjagden sowie die Forstbeamten hielten daran fest, und bald eiferten ihnen die Privatjäger nach. Als Teil des jagdlichen Brauchtums pflegt man die Weidmannssprache bis heute und betrachtet sie als wertvolles Kulturerbe. Beherrschung der Weidmannssprache ist Voraussetzung für einen gerechten Jäger.

 

 

Jägersprache von A - Z

 

Weidmannssprache Lexikon

 

Umgangssprache

Die Waidmannssprache ist ein Teil unserer Jagdkultur, gewachsen wie die Umgangssprache, die wir im alltäglichen Leben verwenden.

 

Nachfolgend finden Sie ausgewählte Ausdrücke aus diesem Wörterbuch der Waidmannssprache, die auch in der Umgangssprache gebraucht werden, dort aber eine völlig andere Bedeutung haben.

 

Hierzu einige Beispiele:

 

"Annehmen" heißt im allgemeinen Sprachgebrauch zum Beispiel ein Geschenk zu akzeptieren oder anzunehmen, dass irgendeine Aussage richtig oder falsch ist. Die Jägersprache erklärt mit diesem Wort aber, dass ein wehrhaftes Wild, das verletzt ist, denjenigen, der ihm zu nahe kommt, angreift.

 

"Anstand" bedeutet in der Umgangssprache, dass man sich einem anderen Menschen gegenüber anständig - das heißt neudeutsch "fair" - verhält. Der Jäger aber meint damit, dass er sich auf ein Stück Wild anstellt, es von einem geschützten Platz aus abpasst.

 

"Aufstoßen" ist in der Umgangssprache etwas Unanständiges; beim Jäger bedeutet es einfach, dass der Jagdhund ein Wild findet und es aus seinem Versteck jagt.

 

Wenn ich irgendetwas "ausmache", habe ich im "Normaldeutsch" eine Vereinbarung getroffen; der Jäger "macht ein Stück Wild aus", wenn er es entdeckt.

 

Die "Decke" ist an sich ein warmes Stück Stoff, mit dem man sich zudeckt. Für den Jäger ist die "Decke" aber die Haut, die der Herrgott Reh, Hirsch, Gams und Muffel usw. gegeben hat.

 

Wenn mir etwas "eingefallen" ist, habe ich mich daran erinnert. Ein jagdbarer Vogel aber ist "eingefallen", wenn er aus seinem Flug heraus irgendwo "gelandet" ist.

 

Wisst ihr, was eine "Fahne" ist? Nicht ein Stück Stoff, das das Hoheitszeichen eines Staates enthält, sondern der Schwanz eines langhaarigen Jagdhundes.

 

Ganz klar ist eigentlich, was ein "Geräusch" ist; natürlich irgendein Laut oder Lärm. Wie erstaunt aber ist der Nichtjäger, wenn er erfährt, dass für den Weidmann das "Geräusch" Herz, Lunge und Leber des erlegten Wildes sind.

 

"Hochbeschlagen" bedeutet, wie der Bodyguard einer prominenten Kärntnerin erklärt hat, dass seine Chefin bestens für die Jagdprüfung vorbereitet war. Der Jäger aber versteht darunter, dass ein "hochbeschlagenes" weibliches Stück Wild hochschwanger ist.

 

Wissen Sie, was ein "Hosenflicker" ist? Für den Jäger ist das kein Schneider, der Hosen repariert, sondern ein zwei- bis dreijähriges männliches Wildschwein.

 

Mit einem "Kamm" frisiert man sich. Das geht aber nicht mit dem Kamm eines Keilers (was das ist, wird gleich erklärt), das sind die Borsten, die dieser auf seinen Rücken trägt.

 

Ein "Keiler" ist für den Nichtjäger ein Mensch, der einem anderen Gegenstände, unnütze Verträge oder Bestellungen aufschwatzt. Für den Jäger aber ist er ein männliches Wildschwein.

 

Man wird es nicht glauben, aber auch Hirsche machen einen "Kirchgang", nämlich dann, wenn sie von ihrem "Äsungsplatz" (= Futterplatz) "zu Holz" (= in den Wald) zurückziehen.

 

Ein "Licht" ist eine Kerze oder Lampe, mit der man sich im Dunkeln den Weg erhellt. Beim Schalenwild aber sind die "Lichter" die Augen.

 

"Liegen" tut man dann, wenn man sich zur Ruhe gebettet hat. Ein Stück Wild aber "liegt", wenn es nach dem Schuss verendet, also gestorben ist.

 

Wissen Sie, was ein "Mönch" ist? Selbstverständlich, das ist ein Ordensgeistlicher, der im Kloster lebt. Für den Jäger allerdings ist ein "Mönch" ein geweihloser Hirsch.

 

Die "Rose" ist eine Blume, die in vielen Farben und Formen das Herz erfreut. Die "Rose" bei Hirsch und Reh ist der Ansatz der Geweihstangen. Aber auch die "Blume" hat für den Jäger eine besondere Bedeutung. Die ist nämlich der Schwanz des Feldhasen.

 

"Satz" ist ein Sprung, den man macht. Bei den Hasen sind es aber die Jungen, die die Häsin zur Welt bringt.

 

Sagt man zu jemandem "Sauhund", so ist das eine tödliche Beleidigung. Für den Weidmann ist ein Sauhund aber ein Jagdhund, der "scharf" (= tapfer) genug ist, um sich nicht einmal vor einem Wildschwein zu fürchten.

 

Wissen Sie, was eine "Schachtel" ist? Für den Jäger ist sie kein Karton, um Sachen darin einzupacken, sie ist ein altes weibliches Stück Rotwild oder Reh, das keine Jungen mehr führt.

 

Ein "Schloss" ist etwas, womit ich zusperren kann, oder ein großes, schönes Gebäude. Der Jäger meint aber damit die Knochen des Beckenbodens von Hirsch, Reh, Gams usw.

 

Mit der "Schnalle" schließt man den Gürtel zu, die "Nuss" ist etwas Gutes zum Essen. Was aber die "Schnalle" oder die "Nuss" beim weiblichen Wild sind, verschweigt der Erzähler höflich.

 

Ein "Schneider" ist einer, der Kleidungsstücke anfertigt. Mitnichten, ein "Schneider" ist im jagdlichen Sprachgebrauch ein nicht allzu starker, meist einjähriger Birkhahn.

 

Ein "Schrank" ist für den "Normalmenschen" ein Möbelstück. Der Jäger versteht darunter die Breite, in der die Hufabdrücke von Hirsch, Reh, Wildschwein usw. im weichen Boden abgedrückt sind.

 

Wenn eine Frau einen "Schwanenhals" hat, ist sie meistens besonders schön und schlank. Der Jäger versteht unter "Schwanenhals" allerdings ein Schlageisen, mit dem Raubwild gefangen wird.

 

Im "Spiegel" kann man sich betrachten und feststellen, wie schön oder weniger schön man ist. Der "Spiegel" beim Schalenwild ist der Haarkranz, der auffällig anders gefärbt um das Hinterteil vorhanden ist.

 

Die "Spinne" ist für den Jäger durchaus kein Insekt (zoologisch ist sie es allerdings auch nicht, sondern eine eigene Tierart), sondern das "Euter" (oder jagdlich gesprochen das "Gesäuge") beim weiblichen Schalenwild.

 

Der Mensch "sprengt", wenn er etwas mit Pulver oder Dynamit in die Luft jagt. Der Hirsch oder der Rehbock "sprengt", wenn er seinen Rivalen vertreibt oder ein weibliches Stück stark bedrängt.

 

"Streichen" bedeutet, etwas anzufärben. Der Jäger weiß aber, dass Flugwild nicht fliegt, sondern "streicht".

 

"Auf den Strich" gehen ist normalerweise etwas Unanständiges. Bei den Schnepfen aber heißt es, sie während ihrer Schusszeit zu bejagen.